Folge 1
Bereits frühzeitig waren ratsfähige Familien Breslaus mit der
Landwirtschaft der in der Nähe liegenden Kreise in Beziehung getreten, wie
Gerhard Pfeiffer in seinem Werk "Das Breslauer Patrizial im Mittelalter"
aufzeigt. Das im Handel erworbene Vermögen wurde zum Teil durch Kauf von Renten,
zum Teil durch Erwerb von Grund und Boden angelegt.
So sehen wir schon im Jahre 1374 in Tschammendorf einen Breslauer,
den Ritter Andreas Schewitz, Grundbesitz erwerben. Für 60 Mark Groschen, nach
dem damaligen Münzgesetz galt die schwere Mark zu 64 Stück 33,66 Mark heutigen
Geldes, war diesem ein zwei Huben großes Gut daselbst von den Gebrüdern Heinke,
Niclas und Tamme von der Czuche überlassen worden. Aber nur kurze Zeit blieb das
Gut in seinen Händen. Am Donnerstag nach Judica 1377 erwarb für 71½ Mark
Groschen Hans Peseler, anders Jerslindorf, ein Breslauer Bürger diesen
Landbesitz. Tamme von der Czuche überliß dann am Sankt Agnestage 1393 weitere 3
Huben Ackers mit einer Schäferei und Schaftrift von 200 Schafen um 135 Mark
Groschen dem Jakusch von Zieserwitz, welcher im Jahre 1406 auch diesen Besitz
dem vorgenannten Hans Peseler verkaufte.
Im Jahre 1417 hat dann Hans Peseler den Landeshauptmann Heinrich
von Lazan mit demütigem Fleiß, dass seine Güter in Tschammendorf mit Bauern,
Gärtnern, Einwohnern, Zinsen, Renten, Diensten, Ehrungen, Genießen,
Nutzbarkeiten und Zugehörungen dem Breslauer Bürger Hans Sachsen zu Lehn
gegeben und aufgereicht würden. Hierbei wurde ein Erbvertrag geschlossen welcher
besagt, falls einer der beiden Contrahenten ohne Leibeserben stürbe, so sollten
ihre Güter mit ihren Zugehörungen auf den anderen und seine Erben fallen.
Nach den chronologischen Urkunden im fürstbischöflichen
Diözesenarchiv versetzte König Siegesmund im Jahre 1423 am Montag nach Antonii
dem Matis Dompnig das oberste Gericht in Tschammendorf sowie in noch 14 anderen
Orten des Kreises Neumarkt.
Am Dienstag nach Valentin im Jahre 1435 kam eine Sentenz zwischen
Michael Banke aus Breslau und der Gemeinde Tschammendorf wegender königlichen
Gespösser daselbst zustande. Wegen rückständiger Zinsen war ihm ein Teil des
Dorfes zugewiesen worden. Im Jahre 1437 reichen die Töchter des Breslauer
Bürgers Michael Banke, Barbara und Hedwig, ihr Gut, das vorher dem Bincenz
Czamborndorf gehörte, dem ehrsamen Heintze Eygken auf.
Ein jahr später übertrug dann Katharina, die Witwe des verstorbenen
Ritters Nickel Stewitz, welche sich zum zweiten Mal mit dem wohltüchtigen
Stephan Rothkirch zu Panthenau in dem Liegnitzer Fürstentum verehelicht hatte,
diesem ihr Gut zu Tschammendorf.
Auch das kalte Vorwerk, ein Teil des heutigen Rittergutes
Tschammendorf, war in den Besitz einer Breslauer Patrizierfamilie, nämlich der
Dompnigs gekommen. Frau Sophie Frische Dompnig hatte dieses Gut ihrem Sohne
Daniel überlassen, der es dann am Donnerstag nach Ostern im Jahre 1456 dem
tüchtigen Nickel Lazan, sowie dessen Söhnen verkaufte. Die Familie muß jedoch
schon vorher in Tschammendorf angesessen gewesen sein, denn bereits im Jahre
1444 wird Nickel Lazan von Tschammendorf als Landschöppe in Neumarkter Urkunden
genannt. Im Jahre 1412 wird ein Heincze Lazan als Burggraf von Neumarkt erwähnt.
Später ist derselbe in Breslauer Landeshauptmann, wie wir oben gesehen haben.
Nach den Hussitenkriegen war ebenso wie in
vielen anderen Orten Schlesiens die wirtschaftliche Lage in Tschammendorf sehr
traurig. Eine Urkunde des Stadtarchivs Breslau (G 37 ee) aus dem Jahre 1443 sagt
darüber nachfolgendes: Item die zu Tschammendorf haben uns geweist zwei wüste
Huben, die sind nicht besäet. Und haben auch keine Wiese nicht, auch kein Holz
nicht. Und zwei wüste Vorbrige (Vorwerke) sind do, die meinen sie seyen frey.
Sehr schlimm sah es nach dem 30 jährigen Kriege aus, wie bereits in
der ersten Abhandlung über Tschammendorf ausgeführt wurde. Im Jahre 1645 haben
der Scholz und sechs Zinsbauern zusammen und beurbaren 7½ Huben, während 22½
Huben wüste liegen. Es war damals weder Schmied, Schuster, Schneider noch Weber
vorhanden. Erwähnt wird ein Oelschläger. Außer drei Knechten, drei Jungen und
sechs Mägden werden noch ein Gärtner, vier Hausgenossen und zwei Hausweiber
genannt.
Die frühere Gemeinde Nieder-Tschammendorf war von ihren alten
Herren um die Mitte des 16. Jahrhunderts in den Besitz der Stadt Breslau
übergegangen. In dem Einkommenverzeichnis des Dorfes Tschammnedorf vom Jahre
1578 finden wir verzeichnet, daß der ehrbare Rat von Breslau dem Lucke von
Gossendorf für das halbe Gut Tschammendorf 800 Thaler gezahlt hat. In dieser
Summe steuerte die Gemeinde 200 Thaler bei, wohlum den Mißhelligkeiten zu
entgehen, die sich in der Regel aus dem Vorhandensein zweier Herrschaften in
einem Dorfe ergeben, wie Professor Wendt in den Mitteilungen aus dem Stadtarchiv
angibt. Die andere Hälfte von Tschammendorf der Breslauer Patrizier Antonius
Banke 1540 von Friedrich Rothkich erworben und 13 Jahre später am 12. September
1553 der Stadt Breslau aufreicht. Die Gemeinde Tschammendorf wurde dem Amte
Ransern zugeteilt. Trotz der weiten Entfernung von 38 km nach Breslau wurde
unsere Gemeinde jetzt nach Ransern dienstpflichtig. Sämtliche Untertanenkinder
waren verpflichtet auf Verlangen der Herrschaft drei Jahre auf dem Randerner
Gutshofe als Gesinde zu dienen. Ueber die Gesindelöhe geben die
Landgüter-Rechnungen Auschluß. Die Gärtner und Häusler mußten gegen fünf
Groschen Tagelohn auf Verlangen der Herrschaft nach Ransern zur Hofearbeit
kommen. So wurden auch 1715 und 1725 Arbeiter aus Jenkwitz und Tschammendorf bei
Wasserbauten beschäftigt. Die Bauern waren der Herrschaft zu unentgeldlichen
Fuhren verpflichtet. Kurz vor Ablösung der Reallasten betrug die Geldleistung
der Gemeinde Nieder-Tschammendorf nach der Präftations-Tabelle von 1848 in
Thaler, Sgr., Pfennigen an Grundzins 44, 22, 8, an Schankzins 10, 4, 8, an
Spinngeld 0, 10, 8, an Dienstgeld 10, 27, 0, an Ehrungszinsen 16, 28, 0, an
Jurisdiktionszins 3, 0. Anfangs hatten zwei Ratsherren die Verwaltung unter sich,
bis im Jahre 1621 Michael Dörng als Berufsbeamter vereidigt wurde.
Da die Aecker der Tschammendorfer Besitzeer sehr zerstreut lagen wurde
1798 eine Vermessung der Feldmark vorgenommen.
Der Bauinspektor Herrfert in Schweidnitz stellte fest, daß im Ganzen rund
2024 Morgen vorhanden waren. Dieselbe Anzahl wurde nun den einzelnen Besitzern
in drei feldern neuzugeteilt. Am 2. April 1908 fand eine General-versammlung
wegen Neuumlegung des nördlichen Teils der Feldmark Tschammendorf statt. Dies
ergibt eine Hubengröße von 18,3 ha, während die vorige Vermessung 76,4 Morgen
für die Hube feststellt.
Zu erwähnen wäre noch, daß im Jahre 1900 dem Grafen Henckel-Naclo
auf einem teil der Feldmark Tschammendorf das Mutungsrecht auf Braunkohle
verliehen wurde.